Die Starnberger Republik – eine Klasse für sich

Nirgendwo in Deutschland leben mehr Millionäre als am Starnberger See. Der Staat, das sind sie – auch der Bürgermeister fürchtet ihre Anwälte. Besuch bei der Oberschicht, die lebt, wie es ihr gefällt. Die Zeit-Autoren Stephan Lebert und Stefan Willeke besuchten die Oberschicht am Starnberger See. Für ihre Reportage bekamen sie den Herbert-Riehl-Heyse-Preis.

Andreas Botas nennt sie die »Entscheidung meines Lebens«, diese Frage, vor der er Ende der neunziger Jahre stand: Soll er jetzt in die Welt hinausziehen, wie all seine Kollegen, oder soll er hier bleiben, hier am Starnberger See? Botas sitzt in seinem Arbeitszimmer, holzgetäfelt, antike Möbel, Bücherregale bis zur Decke. Der Immobilienmakler sagt, er habe keine Sekretärin und selten mehr als zwei Termine am Tag. »Ich möchte, dass meine Kunden einen hundertprozentig konzentrierten Botas vor sich haben. Und meine Kunden wissen: Jedes Telefongespräch führe ich selbst, ich schreibe auch jeden Brief.«

Botas hatte ein paar Jahre lang in der Starnberger Filiale von Engel & Völkers gearbeitet, dem internationalen Maklerbüro. Er hörte seine Kollegen immer laut darüber nachdenken, und er tat es ja selbst auch, wo die zukunftsreichste Region für einen Immobilienfachmann sei, vielleicht in den USA, in den arabischen Emiraten oder doch in Indien und China, wie viele meinen?

Doch dann fuhr er eines Tages über die Dörfer, vorbei an den bezaubernden Villen, dahinter der glitzernde See, überall diese geordnete Stille, und plötzlich kam ihm seine Geschäftsidee: Da ist eine der schönsten Gegenden Deutschlands, und da sind die Berichte, dass die wirklich Reichen in diesem Land immer mehr und immer reicher werden, „und plötzlich wusste ich, was ich will: Ich bringe diese Leute an diesen Ort. So einfach ist das.“

Der Makler interessiert sich nur für Häuser ab zwei Millionen Euro

Ein paar Regeln hat er aufgestellt, zum Beispiel: Ihn interessieren nur Häuser, die mehr als zwei Millionen Euro wert sind. Und er verlangt zweimal Provision, vom Käufer und vom Verkäufer. Andreas Botas kennt an diesem See inzwischen jeden Hauseigentümer, der nur ein klein wenig darüber nachdenkt, seinen Besitz zu verkaufen.

Zum anderen hat er die Bundesrepublik mit dem Blick eines Goldschürfers durchkämmt. Er wollte wissen, wo die Reichen sitzen, die sich etwas leisten wollen, nicht die Kleinlichen, sondern die, die es krachen lassen wollen. Wenn ein Haus zum Verkauf stehe, führe er zwei, drei Telefonate, „dann ist das Geschäft über die Bühne.“

Das prächtige Arbeitszimmer von Andreas Botas gehört zu einem noch weit prächtigeren Gut. Hinter Tutzing am Westufer des Sees biegt man ab in Richtung Wald, zwei, drei Kilometer nur Feldweg und Bäume. Dann taucht es auf, das weiße Schloss, das früher ein Pferdegestüt war und überhaupt eine Menge Geschichte hat. Botas bräuchte es nicht zu sagen, aber er sagt es doch: Sein Geschäft laufe sehr gut. Insignien des Wohlstands wie Goldkettchen und Porsche seien nicht mehr seine Sache, „meine Welt befindet sich in einer anderen Kategorie.“

Quelle: Zeit.de/Sueddeutsche.de | Mehr lesen:

http://www.sueddeutsche.de/bayern/artikel/24/111912/

http://www.zeit.de/2006/52/Starnberg